Sonntag, 7. April 2019

Grieche sucht Griechin by Friedrich Dürrenmatt [Rezension]

Cover von Grieche sucht Griechin von Friedrich Dürrenmatt


Taschenbuch10(Amzn) ● Diogenes150 Seiten5 Sterne


Inhalt

Arnolph Archilochos ist ein rundlicher Unterbuchhalter in mittleren Jahren, dessen Leben sich aufteilt zwischen seiner Arbeit in der Geburtszangenabteilung der Maschinenfabrik Petit-Paysan A.G. und seiner Hingabe an die >Altneupreybyterianer<, >eine vielleicht etwas ausgefallene und unklare Sekte, aus Amerika importiert<. Und über Nacht wird Arnolph Generaldirektor, bekommt ein Haus geschenkt und findet eine wunderschöne Frau. Was hat es damit auf sich?



Meine Meinung

Zunächst muss ich erwähnen, dass ich dieses Werk von Dürrenmatt für mich gelesen habe und nicht für die Schule. Ich habe bereits „Der Besuch der alten Dame“ und „Die Physiker“ von ihm gelesen und fand beides absolut grandios. Daher bin ich ambitioniert all seine Werke nach und nach zu lesen.

Grieche sucht Griechin“ ist eins seiner wenigen Komödien, die 1955 erstmalig erschienen ist. Es ist vom Erzählstil dem Besuch der alten Dame sehr ähnlich.
Aber kommen wir doch lieber auf unseren Protagonisten zu sprechen: Arnolph Archilochos. Wie sich jeder wahrscheinlich denken kann, ist Arnolph Grieche und sucht mittels einer Zeitungsannonce eine Frau, die am besten ebenfalls aus Griechenland kommen soll. Arnolph wird durchweg als ein sehr ehrlicher und pflichtbewusster Bürger dargestellt, der noch dazu weder raucht, trinkt oder Fleisch isst. Außerdem hat er ein vermeintlich unerschütterliches Weltbild und eine Rangfolge all seiner Idole und Vorbilder, die er verehrt. Und obwohl unser Protagonist ein Philanthrop erster Güte ist, arbeitet er seltsamerweise in einem Unternehmen, welches Waffen für Kriege produziert. Gegensätzlicher geht es wohl kaum. Apropos Antithetiken: Die Firma produziert auch Geburtszangen. Schon ein bisschen merkwürdig oder?
Zu seinem Leidwesen lebt er in einer Welt voll alkoholtrinkender Atheisten, die unehelichen Sex hat. Arnolph hat es schon nicht leicht im Leben ;) Deutlich zu spüren war aber, dass er zufrieden mit seinem Leben ist und nicht im Geringsten das Gefühl hat, auf etwas zu verzichten. So an sich muss ich sagen, dass mir der Charakter gefallen hat, obwohl er etwas zweidimensional dargestellt wurde. Schließlich wurde an keiner Stelle erwähnt, dass Arnolph Ecken und Kanten hat. Er war praktisch unfehlbar und alles war er tat, war 100%ig richtig. Nur die Welt um in herum war böse und schlecht.
Was mir so gut gefallen hat, war, wie nach und nach sein Weltbild auf den Kopf gestellt wurde. Beispielsweise der Bischof, den er so vergöttert hat, war Kettenraucher und ein anderer hat stark getrunken. Völlig unbegreiflich für Archilochos, wo doch seine Idole vollkommen sind oder besser gesagt sein sollten. Wie konnte es dann sein, dass seine Helden sündenhafte Dinge taten? Ich habe für mich daraus gezogen, dass wir äußerst gern Menschen, Handlungen und Ereignisse verschönern und romantisieren. Nur sieht die Realität nun mal nicht so aus. Auch ich habe meine Idole, die in meinem Kopf als „perfekte Menschen“ existieren, aber ich befürchte, wenn ich sie treffen würde, würde es mich genauso schockieren wie Arnolph. Somit erübrigt sich auch der Gedanke, wir seien nicht gut genug. Wir müssten besser sein, besser werden und bis in den Tod unsere Skills und unsere Persönlichkeit optimieren. Nur dass es leider kein sogenanntes „Optimum“ gibt.

Erwähnenswert wäre noch, dass ich in Arnolph den Grundgedanken des Minimalimuses entdeckt habe. Auch wenn das natürlich nicht beabsichtigt von Dürrenmatt zu dieser Zeit war, aber dennoch hat es mir gefallen, wie glücklich und zufrieden Archilochos, obwohl er arm war und außer seiner Glaubenssätze nichts besaß. Aber er war im Einklang mit sich selbst und hat sich über Kleinigkeiten gefreut. Seine Arbeit des Unterbuchhalters eines Unterbuchhalters hat ihn erfüllt, obwohl sie keinem größeren Ziel gefolgt ist. Aber leider hatte er keine Träume, keine größeren Ziele. Das ist es, wofür ich ihn bemitleidet habe. Erst sehr spät kam die Erkenntnis, dass es im Leben noch mehr gibt als das reine Pflichtbewusstsein dem Staat und Gott gegenüber.

Zum Schreibstil kann ich leider nur sagen, entweder liebt man ihn oder man hasst ihn. Die seitenlangen Schachtelsätze mit tausenden von Nebensätzen muss man genießen können, ansonsten beißt man sich daran die Zähne aus. Ich gehöre logischerweise zu denen, die es lieben, da auch ich dazu tendiere, so zu schreiben. (*Hust dafür wurde ich in der Schule immer getadelt :))

Fazit

Schlussendlich überzeugt das Buch nicht mit wahnsinnig tollen Charakteren oder einer spannenden Geschichte, dafür aber mit sehr vielen Denkanstößen und einer tiefgründigen Message, die jeder für sich daraus ziehen kann.

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